Niemand kann definieren, wer man ist: Wie Krisen uns formen und wir uns selbst neu definieren

Krisen sind Chancen: Der Verlust meines Sohnes, Sucht, Pandemie und der Verlust von Wohnung und Kunde führten mich durch Loslassen zu innerer Freiheit, einer neuen Wohnung und beruflichem Neustart.

Niemand kann definieren, wer man ist: Wie Krisen uns formen und wir uns selbst neu definieren
Photo by engin akyurt / Unsplash

Krisen als Übergänge

Das Leben verläuft selten linear. Es gibt Phasen, in denen alles in Balance scheint, aber auch solche, in denen alles auseinanderfällt. Krisen treffen uns oft unerwartet – und doch bergen sie in ihrer Tiefe das Potenzial für Transformation. Aber was passiert, wenn Krisen nicht einmalig auftreten, sondern sich wiederholen? Was passiert, wenn das Leben uns immer wieder auf die Probe stellt und uns zwingt, Dinge loszulassen, an denen wir verzweifelt festhalten?

In diesem Text möchte ich nicht nur die jüngste Krise in meinem Leben beleuchten, sondern den gesamten Weg, der mich zu diesem Punkt geführt hat. Es ist eine Reise durch tiefe Verluste, wiederkehrende Herausforderungen und die Erkenntnis, dass Loslassen kein Scheitern, sondern ein Akt der Befreiung ist. Am Ende dieser Reise steht nicht nur eine größere Wohnung und beruflicher Erfolg, sondern auch eine innere Transformation, die ich lange nicht für möglich gehalten hätte.


Kapitel 1: Die wiederkehrenden Krisen

Der Verlust meines Sohnes: Der Anfang des Umbruchs

Vor sechs Jahren starb mein Sohn. Kein Ereignis in meinem Leben hat mich so sehr erschüttert wie dieser Moment. Der Schmerz war allumfassend, er durchdrang jede Faser meines Seins. Der Verlust eines Kindes ist eine Wunde, die niemals vollständig heilt. Es ist, als würde ein Teil von dir mit ihm gehen.

In den Jahren danach trug ich diese Wunde mit mir. Sie wurde Teil meines Lebens, eine stille, aber immer präsente Erinnerung an die Zerbrechlichkeit des Daseins. Ich wollte weiterleben, aber ein Teil von mir war in diesem Verlust gefangen. Es fühlte sich an, als hätte das Leben mir den Boden unter den Füßen weggezogen, und ich kämpfte verzweifelt darum, wieder Halt zu finden.

Corona: Die globale Krise wird zur persönlichen Prüfung

Als die Corona-Pandemie ausbrach, wurde dieser innere Kampf erneut auf die Probe gestellt. Plötzlich war die gesamte Welt in einem Ausnahmezustand, und alles, was sicher schien, war infrage gestellt. Die Pandemie war nicht nur eine äußere Krise, sondern auch ein Spiegel für meine inneren Konflikte. Isolation, Unsicherheit und die ständige Angst um die Gesundheit meiner Lieben verstärkten die Wunden, die bereits in mir existierten.

In dieser Zeit spürte ich, wie die Frustration in mir wuchs. Ich war wütend auf die Umstände, auf das Leben und letztlich auch auf mich selbst. Warum konnte ich nicht besser mit diesen Herausforderungen umgehen? Warum schien es, als würde das Leben mich immer wieder testen?

Meine Suchtbiografie: Der innere Kampf

Parallel dazu kämpfte ich mit meiner eigenen Suchtgeschichte. Die Sucht war für mich lange Zeit eine Flucht vor der Realität. Sie versprach kurzfristige Linderung, wo das Leben Schmerz brachte. Doch wie jede Sucht war sie ein trügerischer Freund – sie bot keine Befreiung, sondern band mich noch stärker an den Schmerz.

Die Kombination aus diesen Faktoren – der Verlust meines Sohnes, die Pandemie und meine eigene Sucht – schuf eine tiefgreifende innere Zerrissenheit. Ich wusste, dass ich etwas ändern musste, doch ich fühlte mich wie gelähmt. Die Wut und Frustration, die mich begleiteten, wurden zu einem ständigen Begleiter.


Kapitel 2: Der Wendepunkt – Als alles zusammenbrach

Die letzte Krise: Wohnungskündigung und Kundenverlust

Vor Kurzem erreichte diese Spirale ihren Höhepunkt. Unsere Wohnung wurde gekündigt, obwohl wir nichts falsch gemacht hatten. Gleichzeitig verlor ich meinen Hauptkunden, der abrupt alle Projekte einstellte. Innerhalb kürzester Zeit brach meine gesamte äußere Sicherheit zusammen. Ich hatte keine Wohnung mehr, keine stabile Einkommensquelle und das Gefühl, völlig den Halt zu verlieren.

Diese doppelte Krise fühlte sich an wie der letzte Schlag. Ich war müde vom Kämpfen, erschöpft von den ständigen Rückschlägen. Und doch war es genau dieser Moment, der alles veränderte.

Der Moment des Loslassens

In diesem tiefsten Punkt meines Lebens erkannte ich, dass ich nicht mehr kämpfen konnte. Ich hatte keine Energie mehr, mich gegen das zu stemmen, was geschehen war. Und genau in diesem Moment begann ich, loszulassen. Es war kein bewusster Akt, sondern eher eine natürliche Reaktion auf die völlige Erschöpfung. Ich ließ einfach los – von der Wut, der Frustration und dem verzweifelten Versuch, die Kontrolle zu behalten.

Das Loslassen war der Wendepunkt. Zum ersten Mal seit Jahren spürte ich, wie sich etwas in mir öffnete. Der Widerstand, der mich so lange begleitet hatte, begann zu schwinden. An seine Stelle trat eine leise, aber kraftvolle Akzeptanz.


Kapitel 3: Der Prozess der Transformation

Wut und Frustration als Lehrmeister

Rückblickend sehe ich, dass die Wut und Frustration, die mich über Jahre begleitet hatten, nicht nur negativ waren. Sie waren eine Art Alarmsignal – ein Hinweis darauf, dass ich feststeckte, dass ich mich innerlich wehrte gegen die Realität des Lebens. Diese Gefühle zwangen mich, tiefer zu schauen, mich mit meinen Ängsten und Mustern auseinanderzusetzen.

Die Krise zeigte mir, dass ich die Kontrolle über äußere Umstände nie vollständig haben würde. Aber ich hatte die Kontrolle darüber, wie ich diese Umstände wahrnahm. Diese Erkenntnis war befreiend.

Loslassen als aktiver Prozess

Das Loslassen war kein passiver Akt, sondern ein bewusster Prozess. Es bedeutete, mich von der Illusion der Kontrolle zu lösen und stattdessen dem Leben zu vertrauen. Es war nicht immer einfach – es gab Momente, in denen die alte Wut und der Widerstand zurückkamen. Aber jedes Mal entschied ich mich neu, loszulassen.

Das Loslassen ermöglichte es mir, die Situation aus einer anderen Perspektive zu sehen. Anstatt nur das zu sehen, was ich verloren hatte, begann ich, die Möglichkeiten zu erkennen, die sich vor mir eröffneten.


Kapitel 4: Der Aufstieg – Was aus der Krise entstand

Eine größere und schönere Wohnung

Die Suche nach einer neuen Wohnung war zunächst eine Herausforderung. Doch letztlich führte sie uns zu einem Ort, der besser war, als ich es mir je hätte vorstellen können: eine größere und schönere Wohnung, die nicht nur mehr Platz, sondern auch eine neue Lebensqualität bot. Diese Wohnung wurde zu einem Symbol dafür, dass das Leben uns manchmal etwas nimmt, um uns etwas Größeres zu schenken.

Die Neuausrichtung der Firma

Der Verlust meines Hauptkunden zwang mich, mein Geschäftsmodell zu überdenken. Anstatt in der Vergangenheit zu verharren, entwickelte ich einen Businessplan, der meine Firma neu ausrichtete. Diese Krise wurde zur Geburtsstunde einer klareren Vision und einer stärkeren Basis für mein Unternehmen. Ich begann, neue Möglichkeiten zu sehen und mutiger Entscheidungen zu treffen.

Die Gründung einer zweiten Firma

Doch die Krise brachte nicht nur eine Neuausrichtung, sondern auch eine völlig neue Idee. Während ich an meiner Firma arbeitete, entstand die Vision für ein zweites Unternehmen. Diese zweite Firma war das Ergebnis der kreativen Energie, die durch das Loslassen freigesetzt wurde. Sie baute auf meinen Erfahrungen auf und ermöglichte es mir, neue Wege zu gehen.


Kapitel 5: Die tieferen Lehren der Krise

Krisen als Lehrer

Jede Krise ist ein Lehrer, auch wenn sie zunächst wie eine Bestrafung erscheint. Sie zwingt uns, innezuhalten, uns mit unseren Ängsten auseinanderzusetzen und uns selbst zu hinterfragen. Diese letzte Krise zeigte mir, dass die größten Herausforderungen oft die größten Chancen bergen.

Akzeptanz als Schlüssel

Akzeptanz war der Schlüssel zu dieser Transformation. Sie bedeutete nicht, die Situation gutzuheißen, sondern sie so anzunehmen, wie sie war. In der Akzeptanz lag eine Kraft, die mich befreite und mir erlaubte, neue Möglichkeiten zu sehen.

Das Leben als Prozess

Ich habe gelernt, das Leben nicht als statischen Zustand, sondern als Prozess zu sehen. Es gibt keine dauerhafte Sicherheit, keine Garantie für Stabilität. Aber genau in dieser Dynamik liegt die Schönheit des Lebens. Sie zwingt uns, uns immer wieder neu zu erfinden und zu wachsen.


Fazit: Vom Verlust zur Fülle

Am Ende dieser Reise steht nicht das Ende, sondern ein neuer Anfang. Die Krise, die alles zu zerstören schien, führte zu einer größeren Wohnung, einem neuen Geschäftsmodell und der Gründung einer zweiten Firma. Doch die materiellen Erfolge sind nur ein Teil der Geschichte.

Die wahre Veränderung fand in mir selbst statt. Ich lernte, loszulassen, zu akzeptieren und dem Leben zu vertrauen. Ich erkannte, dass Krisen keine Feinde sind, sondern Übergänge – Momente, die uns einladen, unser Leben neu zu gestalten.

Das Leben wird nie frei von Herausforderungen sein. Aber durch diese Erfahrungen weiß ich, dass jede Krise auch eine Gelegenheit ist, zu wachsen, zu lernen und das Leben in seiner ganzen Tiefe zu erfahren. Loslassen ist keine Schwäche, sondern eine Stärke – eine Stärke, die uns erlaubt, im Chaos zu gedeihen und im Verlust Fülle zu finden.